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Inkassotrick: Anmeldung von Deliktsforderungen bei Privatinsolvenzen richtig vornehmen / So verhindern Sie den Verlust Ihrer Forderung in der Restschuldbefreiung

Oft werden Forderungen bei Insolvenzen einfach nur zur Insolvenztabelle angemeldet. Mit der Anmeldung schwingt die Hoffnung mit, wenigstens aus der Quote noch einen kleinen Restbetrag zu erhalten. Bei Privatinsolvenz droht gar der Verlust der Forderung im Rahmen einer Restschuldbefreiung. Hiergegen kann sich nur schützen, wer seine Forderung als privilegierte Forderung anmeldet und zugleich feststellen läßt, daß es sich bei der Forderung um eine solche handelt, die auf vorsätzlich unerlaubter Handlung beruht.
Daß eine solche Forderungsanmeldung eines Anspruchs aus vorsätzlich unerlaubter Handlung nicht ohne Weiteres und leicht zu erreichen ist, hat jetzt das Amtsgericht Göttingen klargestellt. So genügt ein privatschriftliches Schuldanerkenntnis in der Regel nicht, um den deliktischen Hintergrund der Forderung nachzuweisen. Der Schuldner sei vielmehr zu schützen, da er die Tragweite eines möglichen Anerkenntnisses als deliktischer Anspruch nicht zu erkennen vermag.
Im Wortlaut heißt es:

1. Für die Entscheidung, ob es sich um eine deliktische Forderung gem. § 302 Nr. 1 InsO handelt, können nur die in der Forderungsanmeldung aufgeführten Tatsachen berücksichtigt werden.
2. Ein privatschriftliches Schuldanerkenntnis ist in der Regel nicht geeignet, den Nachweis zu erbringen.
AG Göttingen, Urteil vom 07.09.2011, 21 C 204/10
§ 302 Nr 1 InsO
Tenor
1. Das Versäumnisurteil vom 25.05.2011 bleibt aufrechterhalten.
2. Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollsteckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin macht gegen den Beklagten einen Anspruch geltend auf Feststellung der Deliktseigenschaft zur Insolvenztabelle.
2
Über das Vermögen des Beklagten wurde am 18.01.2010 das Insolvenzverfahren eröffnet (AG Göttingen 74 IK 8/10), inzwischen ist es aufgehoben und dem Schuldner mit Beschluss vom 14.06.2010 gem. § 291 InsO die Restschuldbefreiung angekündigt worden. Der Schuldner erhielt von der Klägerin im Zeitraum 17.12.2008 bis 28.05.2009 Materiallieferungen (Rechnungen Bl. 76 ff. d. A.). Unter dem 01.07.2009 (Bl. 74 f d. A.) listete die Klägerin ihre Forderungen auf, der Gesamtsaldo beträgt 1.709,55 €. Mit Schreiben vom 24.07.2009 wandte sich der Inkassobesuchsdienst an den Beklagten (Bl. 34 d. A.). Am 28.08.2009 unterzeichnete der Beklagte anlässlich eines Besuches des Inkasso-Besuchsdienstes mehrere Dokumente. Es handelt sich um ein Schuldanerkenntnis und eine Teilzahlungsvereinbarung über eine Gesamtforderung von 2.349,43 € zzgl. Zinsen (Bl. 5 d. A.), ein Schuldanerkenntnis über die Deliktseigenschaft der anerkannten Forderung (Bl. 18 d. A.) und eine Widerrufsbelehrung (Bl. 73 d. A.).
3
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ließ die Klägerin die Forderung am 04.02.2010 anmelden (Bl. 6 d. A.). Auszugsweise heißt es: „Wir melden die Forderung, als Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung an. Wir verweisen auf das beigefügte Schuldanerkenntnis in dem der Schuldner anerkannt hat, dass die in der Schuldurkunde ausgewiesene Forderung gleichzeitig eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung darstellt“. Die Forderung wurde zur Insolvenztabelle festgestellt, der Beklagte widersprach der Deliktseigenschaft.
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Bereits zuvor hat die jetzige Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schreiben vom 14. Januar 2011 gegenüber der Klägerin den Widerruf des Anerkenntnisses, das es sich um eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung handelt, erklärt (Bl. 37 ff. d. A.). Zugleich erklärte sie gegenüber dem Inkassobesuchsdienst den Widerruf des Schuldanerkenntnisses (Bl. 35 f d. A.).
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Gegen die im Termin vom 25.05.2011 nicht vertretene Klägerin ist klagabweisendes Versäumnisurteil ergangen. Dagegen hat sie rechtzeitig Einspruch eingelegt.
6
Die Klägerin beruft sich im Schriftsatz vom 20.06.2011 darauf, die Eigenschaft der Forderung als aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung ergebe sich aus dem Schuldanerkenntnis sowie daraus, dass der Beklagte bei Bestellung und Entgegennahme der von ihm gekauften Waren weder zahlungsfähig noch zahlungswillig gewesen sei. Soweit der Beklagte sich auf einen plötzlichen Einbruch der Auftragslage berufe, sei dieser Vortrag unsubstantiiert.
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Die Klägerin beantragt, wie folgt zu erkennen:
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1. Das Urteil des AG Göttingen vom 25.05.2011 wird aufgehoben.
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2. Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Beklagten gegen die Klassifizierung der zur Insolvenztabelle laufenden Nummer 4 im Insolvenzverfahren vor dem AG Göttingen 74 IK 8/10 als Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung unbeachtlich ist.
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Der Beklagte beantragt,
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das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.
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Er tritt der Klage entgegen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Das Versäumnisurteil ist aufrechtzuerhalten, da die Klage unbegründet ist. Für die Entscheidung, ob es sich um eine deliktische Forderung handelt, können nur die in der Forderungsanmeldung aufgeführten Tatsachen berücksichtigt werden (1.). Das Schuldanerkenntnis ist nicht geeignet, den Nachweis zu führen (2.). Auf den übrigen Vortrag des Beklagten kommt es daher nicht an (3.).
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1. Für die Entscheidung, ob es sich um eine deliktische Forderung handelt, können nur die in der Forderungsanmeldung aufgeführten Tatsachen berücksichtigt werden. Gemäß § 174 Abs. 2 InsO hat ein Insolvenzgläubiger bei Anmeldung einer Forderung ggf. auch die Tatsachen anzugeben, aus denen sich nach seiner Einschätzung ergibt, dass der Forderung eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt. Welche Anforderungen an den Tatsachenvortrag eines Insolvenzgläubigers zu stellen ist, ist im Einzelnen streitig, bedarf hier aber keiner Entscheidung. Die Klägerin hat in der Forderungsanmeldung vom 04.02.2010 (Bl. 6 d. A.) Bezug genommen auf das Schuldanerkenntnis des Beklagten vom 28.08.2009 (Bl. 18 d. A.). Nur darauf kann die Klägerin ihr Klagbegehren stützen, nicht aber auf den Tatsachenvortrag im Schriftsatz vom 20.06.2011, dass der Beklagte bei Bestellung der Waren einen Eingebungsbetrug begangen habe. Mangels entsprechenden Tatsachenvortrages in der Anmeldung ist die Klägerin damit präkludiert (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 26.03.2010 – I – 24 U 182/09, BeckRS 2011, 01150). Da das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners inzwischen aufgehoben ist, kann dort auch keine Nachmeldung mehr erfolgen.
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2. Das Schuldanerkenntnis ist nicht geeignet, den Nachweis zu führen.
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a) Bestreitet ein Schuldner die Deliktseigenschaft einer vom Gläubiger angemeldeten Forderung, so muss grundsätzlich der Gläubiger auf Feststellung klagen, § 184 Abs. 1 InsO. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn zu Lasten des Schuldners ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vorliegt, § 184 Abs. 2 InsO. Hier liegt lediglich ein privatschriftliches Schuldanerkenntnis der Deliktseigenschaft vor. Es ist die zu § 184 Abs. 2 InsO ergangene Rechtsprechung zu beachten, da durch eine privatschriftliche Vereinbarung keine weitergehenden Rechte herbeigeführt werden können, als durch ein gerichtliches Urteil oder einen vollstreckbaren Schuldtitel (wie z. B. eine notarielle Urkunde).
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b) Im Grundsatzurteil vom 18.05.2006 hat der BGH entschieden, dass ein Vollstreckungsbescheid für die Feststellung der Deliktseigenschaft keine Bindungswirkung entfaltet (IX ZR 187/04, NZI 2006, 536). In dem entschiedenen Fall ging es um eine Forderung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 a StGB (Beitragsvorenthaltung). Der Anspruch aus § 266 a StGB war einzig denkbare Anspruchsgrundlage. Dennoch hat der BGH eine Bindungswirkung abgelehnt. Zur Begründung hat der darauf abgestellt, dass eine Schlüssigkeitsprüfung durch den Richter nicht erfolgt und der Schuldner mangels Belehrung gemäß § 175 Abs. 2 InsO die Folgen nicht überblickt. Ebenso entscheidet der BGH bei einem Versäumnisurteil, das nur aufgrund eines Vorsatzdeliktes (Beitragsvorenthaltung gemäß § 266 a StGB) ergehen kann (BGH Urteil vom 05.11.2009 – IX ZR 239/07, NZI 2010, 69).
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Für den Fall eines gerichtlichen Vergleiches bei einer auf Beitragsvorenthaltung (§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 a StGB) gestützten Klage hat der BGH zunächst im Wege der Auslegung festgestellt, dass die Parteien im konkreten Fall auch den Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung außer Streit stellen wollten. Die Schlüssigkeitsprüfung sah der Senat durch die Einigung der Parteien ersetzt an, auf ein etwaiges Belehrungsdefizit soll sich der Schuldner nicht berufen können, allenfalls können Schadensersatzansprüche gegenüber dem Anwalt bestehen (BGH, Urteil vom 25.06.2009 – IX ZR 154/08, NZI 2009, 612).
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c) Es kann dahinstehen, ob man das Schuldanerkenntnis vom 28.08.2009 einem gerichtlich geschlossenen Vergleich gleichstellen kann. In dem Schuldanerkenntnis heißt es auszugsweise: „Ich erkenne an, dass die von mir im obigen Schuldanerkenntnis anerkannte Forderung gleichzeitig eine Forderung aus vorsätzlicher, unerlaubter Handlung ist, weil ich bereits zahlungsunfähig war, als ich die Leistungen des Gläubigers in Anspruch nahm. Sollte diese Forderung zu einer Insolvenzforderung werden, so soll sie an einer möglichen Restschuldbefreiung nicht teilnehmen.“ Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass der Beklagte das Anerkenntnis ohne anwaltlichen Beistand abgab. Ein Belehrungsdefizit kann auch nicht als dadurch geheilt angesehen werden, dass in dem Schuldanerkenntnis ein Hinweis darauf enthalten ist, dass die Forderung im Insolvenzverfahren an einer möglichen Restschuldbefreiung nicht teilnehmen soll. Allein mit einem bloßen kurzen Hinweis ist ein durchschnittlicher Schuldner überfordert, die Tragweite seiner Erklärung zu erkennen.
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d) Ob ein Schuldanerkenntnis nach der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung zu einer Umkehr der Beweislast oder nur zu einer Beweiserleichterung führt, kann dahinstehen. Geprüft werden können im vorliegenden Rechtsstreit nur die Tatsachen, die die Klägerin in der Forderungsanmeldung angegeben hat. Das Schuldanerkenntnis ist aber nicht geeignet, den Nachweis über eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung zu erbringen.
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3. Folglich kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte das Schuldanerkenntnis der Deliktseigenschaft widerrufen konnte oder ob sein Vortrag zur Zahlungsfähigkeit im Zeitpunkt der Belieferungen substantiiert ist. Auch einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der vom Beklagten benannten Zeugen bedurfte es nicht.
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4. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Den Streitwert hat das Gericht festgesetzt auf 25 % der geltend gemachten Forderung, das Verfahren über das Vermögen des Schuldner ist nur unter Bewilligung von Stundung (§ 4a InsO) eröffnet worden.“

Gerne helfen wir Ihnen, Ihre Forderungen gegenüber insolventen Schuldnern so durchzusetzen, daß diese als deliktische Forderungen privilegiert sind und nicht in die Restschuldbefreiung fallen. Bitte rufen Sie uns einfach an.
 

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